Zum Inhalt springen

Wir kaufen uns ein Haus aus Estland – Unser Haus kommt endlich!

„Ihr Haus ist da, können wir vor 12 Uhr abladen?“

Sabine und ich wollen noch Kleinigkeiten einkaufen fahren, weil der Ankunftstermin für das Haus erst in der nächsten Nacht angekündigt war. Bettbezüge, Geschirrtücher und etwas Kleinkram für die Einrichtung vom neuen Haus.

Auf dem Weg zur Autobahn kommt uns ein gelbes Begleitfahrzeug entgegen und ich mache noch den Witz „Haha, das ist der Scout, der sich die Route bei Tag anschaut, haha!“

Auf der Autobahn bekommen wir auf einmal einen Anruf in gebrochenem Deutsch „Ich transportiere Ihr Haus und bin 1km vom Zielort entfernt. Kann ich jetzt zum Abladen kommen?“

-ÖH… Moment, Nein!!!

Das ist keine scheiß Waschmaschine, die man an der Bordsteinkante abstellen kann! Der Kran ist erst auf den nächsten Tag bestellt. Kein Kran, kein Abladen.

Wir bitten den Fahrer sich mit seiner Spedition auseinanderzusetzen, die den Ablauf organisiert. Außerdem existiert sowieso keine Tagfahrgenehmigung für ihn.

Wir erfahren: Unser Auftrag wurde an einen Subunternehmer vergeben, der meint er kann einfach vorbei kommen und das Haus abladen. Wildes Telefonieren mit dem Disponenten der Spedition, der den Subunternehmer erstmal zurückpfeift, dass er noch den Tag über warten muss.

Dann kurze Zeit später wieder ein Anruf der Schwiegerleute „Da ist ein Begleitfahrer, der meint der Transporter kommt nicht bis zu uns durch die Straße und bis um 12 Uhr muss der Transporter abgeladen haben“ WTF!

Jetzt hat das Transportunternehmen parallel noch das Begleitfahrzeug einer französischen Firma zum Erkunden losgeschickt und das Fahrzeug, das uns entgegengekommen ist war tatsächlich die „BF4 Schwerlasttransportbegleitung“.

Das sind keine Nachrichten, die man hören will und warum meinen gerade alle sie können tagsüber ein Haus einfach so irgendwo abladen? Keine Tagfahrgenehmigung, Kein Kran kein Abladen! Und was soll das mit dem „Der kommt nicht durch?“

Weil der Transport erst für den übernächsten Tag geplant war haben wir natürlich den Gartenzaun der Nachbarn noch nicht umgeflext. Evtl. liegt hier das Problem?

Wir fahren sofort wieder heim, und halten nach dem Haus Ausschau und finden es kurz hinter der Autobahn auf einem Rastplatz. Scheiße da ist es, und es ist riesig!

Ein Telefonat mit der Spedition stellt klar, der BF4 Begleitfahrer wurde falsch bestellt. Der Begleitfahrer aus Frankreich muss tatsächlich um 12 Uhr zum nächsten Auftrag weiter. Viel Stress und Aufregung um nichts. Es bleibt beim geplanten Termin: Das Haus kommt nachts. Am nächsten Tag um 8 Uhr wird Verkrant! Keine Änderungen mehr! Basta!

Der Zaun muss noch weg

Und wir dachten ganz am Anfang des Projekts, das der Zaun des Nachbarn das größte Problem bei dem Projekt sein wird aber wir schrauben die Lattung innerhalb von einer Stunde weg und flexen die Metallpfosten ab. Eine schnelle Sache.

Der Kran ist GROß!

„Ab 12 Uhr kommt der Kran“

Wir warten.. und warten… bis auf einmal ein monströser roter Autokran angefahren kommt. Im Schlepptau drei weitere Schwerlasttransporter mit Gewichten für den Kran. Die Straße ist auf einmal voller Fahrzeuge.

Wir begrüßen den Kranfahrer, er holt Dokumente raus und nickt bedächtig „50 Tonnen pro Stütze“

Fuck, hoffentlich hält das. Ich werde nervös.

Das Meme „Kranplätze müssen verdichtet sein!“ wird auf einmal real für mich. Ich sehe den Autokran schon in ein Haus kippen. Aber ich besinne mich darauf, dass zwei Mal Leute von der Kranfirma da waren, die sich hoffentlich alles genau angesehen haben.

Ey Mann, wem gehört das Auto?

Wir sind davon ausgegangen, dass es Halteverbotsschilder auf der Hauptstraße im kompletten Dorf bis zu uns geben wird. Der Transporter soll unbehindert zu uns durchfahren können aber weit und breit kein Halteverbotsschild und wir versuchen selber die Straße frei zu halten. Mit unseren direkten Nachbarn war alles im Vorhinein abgesprochen weil wir in einer Sackgasse wohnen und der Autokran und der Transporter mit dem Haus quasi die komplette Straße zuparken werden. Wer da noch ein Auto drin stehen hat kommt für längere Zeit nicht mehr raus oder wenn der Kran Platz braucht steht ein Auflastgewicht auf der Motorhaube 🤷

Aber was ist mit den parkenten Fahrzeugen im restlichen Dorf?

Ich patrouilliere ab 17 Uhr stündlich die 300m bis zur Hauptstraße vor und zurück und halte nach parkenden Autos Ausschau, die die Straße verengen und spreche alle Leute an, die ich finden kann, ob sie ihr Auto bitte bis zum nächsten Morgen fernab der Straße abstellen können.

Dieser eine grüne Nissan steht auf einmal blöd an einem Punkt an dem der LKW eigentlich Platz zum Wenden braucht. Wem gehört der Wagen? Ich klingle die Nachbarn nachts raus und keiner weiß etwas. Schöne Scheiße!

Ein Nachbar meint den Fahrer zu einem anderen Fahrer ins Auto mit einsteigen gesehen zu haben. Gut, wenn die zusammen weggefahren sind brauche ich mich nicht mehr zu bemühen, den Besitzer in der Nachbarschaft zu finden. Hoffen wir nur, dass der LKW nicht rückwärts in unsere Straße fahren muss und das Auto nicht stört.

Wir warten lethargisch zwischen den Patrouillen im Wohnzimmer und spielen zum Zeitvertreib Gartic Phone aber keiner nimmt das Spiel ernst. Die Anspannung ist enorm.

Ein Dacia parkt eine Stunde vor dem Ankunftstermin noch etwas unpassend auf der Straße aber der Fahrer ist schnell gefunden und er fährt den Wagen weg.

Der Haustransporter leuchtet und blinkt wie der Coca-Cola Weihnachtstruck

Wir wissen, dass der Transport um 22 Uhr an der Autobahn startet und ca. 30min bis zu uns brauchen wird. Wir können von unserem Grundstück grob in die Richtung schauen wo der LKW die letzten Tage verbracht hat. Ob wir ihn sehen werden? Die Aufregung ist mega groß.

21:59 Uhr

22:00 Uhr

….

Eine Lichterkette geht in der Ferne an!

Gelbe Rundumlichter gehen an an!

Noch ein Rundumlicht vor dem inzwischen hell erleuchteten Fahrzeug geht an! – Das Begleitfahrzeug.

Der Zug fährt los, in unsere Richtung!

Scheiße, es geht los!

Wir ziehen uns warme Klamotten an und gehen mit Kamera und Taschenlampe nach draußen und gehen in Richtung der Hauptstraße um dem Transporter etwas entgegen zu laufen und ihn über den grünen Nissan zu informieren, den wir nicht verscheuchen konnten. Die Zugmaschine des Transportes fährt in die Straße ein, der LKW schnauft beim Ziehen des Transporters in der Nacht laut auf, das Haus auf dem Tiefbettlader folgt dem LKW in die Straße und jetzt fährt das Haus an uns vorüber, fast so hoch wie die Straßenlaternen aber es streift nichts.

Das Haus fährt an uns vorbei und es wird still. Die drei Achsen, die hinter dem Haus nachlaufen gleiten nur noch geräuschlos an uns vorbei. Ein unglaublicher Anblick. Der LKW hält an. Der Fahrer steigt aus und sichtet die Lage mit der engen Straßeneinfahrt, die letzen 50m bis zum Kran.

Der Fahrer gibt mir zu verstehen auf der einen Seite Ausschau zu halten, dass das Haus nicht an den übrig gebliebenen Stummeln von dem abgeflexten Zaun streift und steigt wieder ein und fährt langsam die letzten Meter bis vor den Kran. Ein Gurtspanner ist im Weg und hängt zu tief herunter und würde an einem Pfosten streifen. Der Fahrer entfernt ihn.

Es ist kurz vor Mitternacht und das Haus steht jetzt in der Straße vor dem Autokran. Der Fahrer des LKW legt sich sofort schlafen „Lenkzeiten – 8h Ruhe“

Ein erster Rundgang im Haus

Das Haus ist in dicke weiße Folie verpackt und hat einen kleinen Reißverschluss um vorne hineinzusteigen. Die Schlüssel vom Haus liegen im Briefkasten. Wir gehen mit einer Taschenlampe bewaffnet in das Haus hinein. Es ist kalt, es ist dunkel aber für mich fühlt es sich durch die vielen Videos, die wir vorher bekommen haben schon sehr vertraut an. Ich sehe mir den Wartungsschacht von dem Haus genauer an und öffne ihn, dass wir morgen Strom und Wasser beim Aufsetzen des Hauses auf die Fundamente gleich einfädeln können.

Es ist spät, ich bin müde und unglaublich fertig. Das Bett wartet aber zu schlafen klappt nicht richtig. 1-2h kann ich etwas dösen aber das wars auch. Passt die Hebedistanz? Haben wir uns in der Planungsphase verrechnet? Ist das Gewicht des Hauses trotz mehr Innenausstattung und dem zusätzlichen Fenster immer noch im Toleranzbereich? Stimmt die Positionierung der Fundamente? Haben wir die Pläne richtig gelesen? Hat der Vermesser ordentlich gearbeitet und haben die Bauarbeiter die Verschalung innerhalb der gesetzten Grenzen gegossen? Halten alle Ketten? Halten die Schlupfe? Zerbricht das Haus beim Hochheben? Kippt der Kran? Haben wir unser altes Haus umsonst abgerissen? 1,5 Jahre Planung und ziemlich viel Geld stehen auf dem Spiel.

Gefällt dir der Beitrag?

Schreibe dich in den Newsletter ein und bekomme in unregelmäßigen Abständen zusammenfassende Newsletter mit den neuesten Beiträgen. Ich halte es minimalistisch. Versprochen.
Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

*